Erschienen im ISAR-ANZEIGER am 19.05.2011
Die Gemeinde Pullach führt z.Zt. eine Bürgerbefragung durch, um die Meinung der Bürgerinnen und Bürger zur Gestaltung eines einheitlichen Verkehrskonzeptes einzuholen. Das ist ein sehr löbliches Vorgehen, auch wenn damit eine Entscheidung des Gemeinderats in dieser Sache erst einmal vertagt wurde.
Es sei in Erinnerung gerufen, dass Bürgermeister und Rat der Gemeinde die Gemeindeverwaltung beauftragt hatten, ein Verkehrskonzept hinsichtlich der zulässigen Höchstgeschwindigkeiten im Ort zu erarbeiten und vorzulegen. Denn den Gremien der Gemeinde war der bisher bestehende „Fleckerl-Teppich“ der Geschwindigkeitsvorschriften selbst ein Dorn im Auge und man wollte mit einem einheitlichen Konzept nun der „Flickschusterei“ punktueller Regelungen endlich ein Ende setzen. Und die Gemeindeverwaltung legte ein schlüssiges und umsetzbares Konzept vor, das einhelliges Lob und Anerkennung im Verkehrsausschuss der Gemeinde und bei den zuständigen Behörden fand. Aber im Gemeinderat selbst verhinderte die Mehrheitsfraktion eine zeitnahe Entscheidung. Vielleicht hilft die Bürgerbefragung bei der Entscheidungsfindung.
Das von der Gemeindeverwaltung vorgelegte Konzept ist unter Berücksichtigung der aktuellen Gesetzgebung, im Vergleich mit ähnlichen Regelungen in anderen Kommunen (z.B. München) und in Abstimmung mit zuständigen Fachstellen entstanden. Es sieht vor, Wohngebiete einheitlich als Tempo-30-Zonen auszuweisen, während in den sogenannten „Verkehrsstraßen“ Tempo 50 bzw. 40 aufrechterhalten bleibt.
Gleiche und gerechte Behandlung aller Ortsteile: während bisher im Gebiet östlich der S-Bahn fast durchgehend Tempo 30 galt, gab es im Westteil nur ganz wenige Wohnstraßen mit einer Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h. Diese generelle Ungleichbehandlung soll enden. Aber auch die Schlüssigkeit einzelner Regelungen entzieht sich dem Verständnis. Warum darf z.B. die Joseph-Heppner-Straße mit 50 km/h befahren werden, während für die parallele Jaiser-Straße Tempo 30 gilt?
Klarheit und Eindeutigkeit bei der Festlegung der Höchstgeschwindigkeiten: Jeder Bürger hat nun Gewissheit über die Geschwindigkeitsregelung in seiner Straße. Und die Gremien der Gemeinde müssen sich nicht immer wieder mit einer Vielzahl von Anträgen zur Geschwindigkeitsbegrenzung befassen.
Rechtssicherheit: Anwohner in einer 30-km/h-Zone genießen eine höhere Rechtssicherheit bei etwaigen Unfällen wegen erhöhter Geschwindigkeit.
Was spricht dagegen?
Nichts, denn es sind folgende Irrtümer auszuräumen und Argumente zu entkräften: Immer wieder werden angebliche Risiken der „rechts-vor-links“-Regelung in Tempo-30-Zonen angeführt. Grundsätzlich gilt diese Regelung selbstverständlich, aber bei kritischen Kreuzungen und Einmündungen kann nach wie vor die Vorfahrt der verkehrsreicheren Straße verordnet werden (siehe Melchior-Straße in Solln).
Auch die Angst vor der Ausweitung des Schilderwaldes ist unbegründet, denn durch die Einrichtung von Zonen entfallen zahlreiche Schilder.
Der langen Ausdehnung Pullachs in Nord-Süd-Richtung trägt das Konzept durch Ausweisung der sogenannten „Verkehrsstraßen“ Rechnung, in denen weiterhin die zulässigen Höchstgeschwindigkeiten von 50 km/h bzw. 40 km/h erlaubt sein werden. Also keine unerträglichen Zeitverluste auf der Fahrt von Höllriegelskreuth nach Großhesselohe. Unter diesem Aspekt kritisch zu sehen ist auch der Vorschlag, ganz Pullach zur Tempo-30-Zone umzuwandeln.
Der Arbeitskreis „Verkehr“ der Agenda 21 Pullach befasst sich seit Jahren mit Fragen des Ortsverkehrs. Ein ursprünglich vorgelegtes Konzept zur Ausweisung ganz Pullachs als Tempo-40-Zone fand seinerzeit keine Zustimmung und ist nach der aktuellen Gesetzgebung auch nicht mehr möglich. Der AK Verkehr hat sich daher zum Ziel gesetzt, Geschwindigkeitsbeschränkungen in Wohngebieten zu fordern und durchzusetzen, dank des immer wieder gezeigten Verständnisses der Gemeindegremien auch durchaus mit gelegentlichem Erfolg. Das von der Gemeindeverwaltung vorgelegte Verkehrskonzept (Vorschlag B) entspricht weitgehend den Vorstellungen der Agenda 21 und ist in der Tat „ein großer Wurf“. Wir bitten daher alle Pullacher, dies bei der Beantwortung der Bürgerbefragung zu berücksichtigen.
Eugen Hintzer
Sprecher AK Verkehr